Aktuelles
Ringvorlesung Wintersemester 2016/17
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Vergegenwärtigungen. Aneignungen der Shoah in Kunst und Wissenschaft
Aneignungen der Shoah in Kunst und Wissenschaft
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgt eine künstlerische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der massenhaften Verfolgung, Deportation und Ermordung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten, wofür sich seit den 1970/80er Jahren die Begriffe „Holocaust” bzw. „Shoah” etabliert haben. Versuche der Annäherung an diese Ereignisse sehen sich nicht nur konfrontiert mit ethischen und moralischen Fragen, sondern auch mit dem Problem der vermeintlichen Unmöglichkeit, überhaupt eine angemessene Darstellungsform finden zu können. Diese Aporie hat eine Vielfalt an Praktiken der Aneignung und Vergegenwärtigung der Shoah nach sich gezogen, die es aufzudecken und zu hinterfragen gilt.
In der Ringvorlesung wird aus interdisziplinärer Perspektive der Frage nachgegangen, ob die politischen Umbrüche von 1989 zu neuen (trans-)nationalen, medienübergreifenden und (post-)memorialen Formen der Repräsentation der Shoah geführt haben und wie diese sich kennzeichnen lassen. Es wird aufgezeigt, wie verschiedene Darstellungsformen sich entwickelt und verändert haben, wie sie sich innerhalb historischer, erinnerungskultureller und ästhetischer Kontexte verorten lassen und wie die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen die (neuen) Repräsentationen bewerten.
Die Ringvorlesung wird gefördert durch die Landesforschungsförderung Hamburg.
Mittwochs, 18–20 Uhr, Philosophenturm, Von-Melle-Park 6, Hörsaal E
26.10.2016
The Stages of Memory: Reflections on Memorial Art, Loss, and the Spaces Between
Prof. Dr. James E. Young, Department of English, University of Massachusetts Amherst, USA
02.11.2016
Bild/Kein Bild. Zur Debatte Lanzmann/Didi-Huberman
Prof. Dr. Peter Geimer, Kunsthistorisches Institut, Freie Universität Berlin
09.11.2016
Aktualisierte Vergangenheiten: Poröse Geschichte und dokudramatische Formen im Fernsehen
Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann, Department of Communication and Journalism, The Hebrew University of Jerusalem
16.11.2016
Rekonstruktive Praktiken und Reenactments in den gegenwärtigen künstlerischen Rekursen auf die Shoah
Prof. Dr. Magdalena Marszałek, Slavische Literaturund Kulturwissenschaft, Institut für Slavistik, Universität Potsdam
23.11.2016
Vergegenwärtigungen. Die Shoah im deutschsprachigen Gegenwartstheater
Prof. Dr. Claudia Benthien, Institut für Germanistik, Neuere Deutsche Literatur, Universität Hamburg
30.11.2016
Die Enkelgeneration in der französischen Shoah-Literatur und im internationalen Vergleich
Dr. Aurélie Barjonet, Vergleichende Literaturwissenschaft, Institut d’études culturelles et internationales, Université de Versailles Saint-Quentin-en-Yvelines
07.12.2016
„Alles sauber und ordentlich.“ Gedenkstätten und die deutsche Erinnerungskultur nach 1945
Prof. Dr. Habbo Knoch, Historisches Institut, Neuere und Neuste Geschichte, Universität zu Köln
14.12.2016
NOart! Shoah und Pin-ups bei Boris Lurie und Gerhard Richter
Prof. Dr. Dietmar Rübel, Kunstgeschichte und -theorie, Hochschule für Bildende Künste Dresden
21.12.2016
Der Holocaust im Comic
Dr. Marc Hieronimus, Projektmanager Medien-Welten und Sprecher des Wissenschaftsforums des „Interkultureller Dialog e.V.“
11.01.2017
Die Shoah als musikalisches Sujet
Prof. Dr. Friedrich Geiger, Institut für Historische Musikwissenschaft, Universität Hamburg
18.01.2017
Der Holocaust und Soziale Medien. Vom „Liken“, „Sharen“ und „Teilen“ in Online-Verhandlungen der Shoah
Mag. Dr. Eva Pfanzelter, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck
25.01.2017
Die Arbeiten von Claude Lanzmann als Paradigma der filmischen Shoah-Repräsentation
Prof. Dr. Gertrud Koch, Seminar für Filmwissenschaft, Freie Universität Berlin
01.02.2017
Podiumsdiskussion: Lässt sich die Shoah vergegenwärtigen? Aktuelle Positionsbestimmungen
Prof. em. Dr. Micha Brumlik, Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaften, Goethe-Universität, Frankfurt am Main und Senior Advisor, Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg / Prof. Dr. Susanne Rohr, Institut für Anglistik und Amerikanistik, Arbeitsbereich Amerikanische Literatur und Kultur und Sprecherin des Graduiertenkollegs „Vergegenwärtigungen“, Universität Hamburg / Dr. Miriam Rürup, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg / Prof. Dr. Anja Tippner, Institut für Slavistik und stellvertretende Sprecherin des Graduiertenkollegs „Vergegenwärtigungen“, Universität Hamburg / Dr. Oliver von Wrochem, Leiter Studienzentrum KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Hamburg
Koordination
Prof. Dr. Susanne Rohr / Prof. Dr. Anja Tippner / Claudia Janiak, M. A., alle Graduiertenkolleg "Vergegenwärtigungen: Repräsentationen der Shoah in komparatistischer Perspektive", Universität Hamburg
Gastvortrag am 23.11.2016
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Vergegenwärtigungen.
Die Shoah im deutschsprachigen Gegenwartstheater
Vortrag von Prof. Dr. Claudia Benthien,
Neuere Deutsche Literatur, Institut für Germanistik, Universität Hamburg
Mittwoch, den 23.11.2016, 18 - 20 Uhr,
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
Aufgrund der physischen Anwesenheit der Schauspieler/innen gelten für die Auseinandersetzung mit der Shoah im Theater stärkere Restriktionen und Tabus als in anderen Künsten, etwa literarischen Texten oder Bildkunstwerken. Es geht u.a. um das Problem theatraler Verkörperung, das im Falle von Überlebenden an eine Grenze gerät, insofern diese einerseits dezidiert keine Schauspieler sind, sie andererseits aber nicht ‚spielerisch‘ von anderen darzustellen sind. Auch entziehen sich die Massentötungen selbst, die Vernichtungslager und kollektiven Erschießungen, weitgehend der Darstellbarkeit auf einer Theaterbühne, weswegen viele Stücke eher auf weitere Zusammenhänge der Shoah oder auf Einzelschicksale von Opfern zurückgreifen oder sich mit Tätern befassen.
Dem Theater werden aber auch originäre Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit der Shoah zugeschrieben, die im Zentrum dieses Vortrags stehen. Untersucht werden vier aktuelle deutschsprachige Inszenierungen, mit Blick auf zwei Aspekte: erstens experimentelle künstlerische Verfahren, die – z.B. durch offene Textstrukturen, Wiederholung, Episierung oder Mediatisierung – Brüche erzeugen und offenlegen, zweitens Strategien des ‚Vergegenwärtigens‘, mithin jene szenischen Mittel, die eingesetzt werden, um das historische Geschehen präsent zu machen (was auch heißen kann, es in seiner Abwesenheit spürbar werden zu lassen).
Die vorgestellten Inszenierungen sind: Elfriede Jelineks Rechnitz (Der Würgeengel) in der Regie von Jossi Wieler an den Münchner Kammerspielen, Dritte Generation in der Regie von Yael Ronen & The Company an der Berliner Schaubühne, Werner Fritschs Die Sonne auf der Zunge in der Regie von Jörg Fürst am Kölner A.Tonal.Theater und Doron Rabinovicis und Matthias Hartmanns Die letzten Zeugen in der Regie von Matthias Hartmann am Wiener Burgtheater.
Prof. Dr. Claudia Benthien
Studium der Germanistik, Amerikanistik, Anglistik und Kunstgeschichte an der Universität Hamburg und an der Washington University in St. Louis, USA. 1998 Promotion mit der durch den Tiburtius-Preis des Landes Berlin ausgezeichneten Dissertation „Haut. Literaturgeschichte – Körperbilder – Grenzdiskurse“ an der Humboldt-Universität zu Berlin; im Anschluss Wissenschaftliche Assistentin ebenda und Postdoktorandin am Graduiertenkolleg „Körper-Inszenierungen“ an der Freien Universität Berlin. 2004 Habilitation an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Schrift „Barockes Schweigen. Rhetorik und Performativität des Sprachlosen im 17. Jahrhundert“. Seit 2005 Professur für Neuere deutsche Literatur an der Universität Hamburg.
Gastvortrag am 30.11.2016
Die Enkelgeneration in der französischen Shoah-Literatur und im internationalen Vergleich
Vortrag von Dr. Aurélie Barjonet,
Vergleichende Literaturwissenschaft,
Institut d'études culturelles et internationales, Université de Versailles Saint-Quentin-en-Yvelines
Mittwoch, den 30.11.2016, 18 - 20 Uhr,
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
Insbesondere seit dem Erfolg und den Polemiken, die durch Jonathan Littells Les Bienveillantes (Die Wohlgesinnten) hervorgerufen wurden, ist eine dritte Schriftsteller-Generation zugleich sichtbarer und literarisch produktiver geworden. Die realen oder imaginierten Nachgeborenen der Zeitzeugen versuchen, sich ein umfassendes Bild ihrer Familiengeschichte zu machen oder widmen sich der Shoah, weil sie einen Zivilisationsbruch darstellt, der die Notwendigkeit nach sich zieht, immer wieder und evt. neu darüber nachzudenken. Im Allgemeinen sind sie sich ihrer Illegitimität, der unüberwindbaren Schwierigkeiten, die ihnen begegnen werden, sowohl angesichts der Archive als auch in ihrem Erzählen, bewusst und schreiben « trotz allem » (Didi-Huberman) (s. dazu meine Artikel).
Der Vortrag wird die dritte Generation im internationalen Vergleich, insbesondere mit deutscher, amerikanischer und israelischer Literatur, vorstellen. Daran anknüpfend soll eine Typologie vorgeschlagen werden, die danach unterscheidet, ob die Autoren über ihre Vorfahren recherchieren, ob sie die Zeit des Zweiten Weltkriegs durch Fiktion rekreieren oder ob sie verschiedene Erinnerungen verflechten. Diese Typologie wird durch Beispiele illustriert. Schließlich soll die Poetik des « trotz allem » verortet werden, die bei zahlreichen (aber nicht allen!) Autoren der dritten Generation sichtbar ist, im Verhältnis zu den Poetiken der vorangegangenen Generationen. Deutlich ist, dass die dritte Generation in einem Verhältnis der Kontinuität zu den vorangegangenen Generationen steht.
Dr. Aurélie Barjonet
(© Dr. Aurélie Barjonet)
Dr. Aurélie Barjonet studierte Komparatistik, Germanistik und Übersetzungswissenschaft in Frankreich und Deutschland. Seit 2008 ist sie Maître de conférences in vergleichender Literaturwissenschaft an der Universität Versailles. Sie promovierte über die Rezeption Zolas als Autor und Intellektueller in linken Kreisen in Frankreich und Deutschland (1873-1978) und arbeitet im Rahmen ihres Habilationsprojekts über die Generation der Enkel in der Shoah-Literatur.
Artikel zum Thema (Auswahl)
- « Écrire malgré tout », dans : Agnieszka Grudzinska et Luba Jurgenson (dir.), Représenter la Shoah après 1989 : idées, poétiques, images. Entre la France et la Pologne, im Druck.
- « Relations “autistes” des horreurs de la Seconde Guerre mondiale : Flughunde (M. Beyer) et Les Bienveillantes (J. Littell) », dans : Patrick Werly et Guy Ducrey (dir.), Littérature et expériences croisées de la guerre, PU de Strasbourg, im Druck.
- « Le savoir de la troisième génération », Revue des sciences humaines, n° 321, janvier-mars 2016, p. 101-116.
- « Déconstruire et reconstruire son héritage pour mieux le revendiquer. Quand les petits-enfants réalisent des documentaires sur leur histoire familiale », Témoigner. Entre Histoire et Mémoire, n° 121, octobre 2015, p. 121-134.
- « Les petits-enfants : une génération d’écrivains hantée », dans : Ivan Jablonka (dir.), L’Enfant-Shoah, PUF, 2014, p. 219-235.
- « Parler de soi et de la Seconde Guerre mondiale. Le cas de deux écrivains de la troisième génération (Fabrice Humbert, L’Origine de la violence, 2009 et Laurent Binet, HHhH, 2010) », dans : Christine Ott et Jutta Weiser (dir.), Autofiktion und Medienrealität. Kulturelle Formungen des postmodernen Subjekts, Heidelberg, Winter, 2013, p. 171-187.
- « La troisième génération devant la Seconde Guerre mondiale : une situation inédite », Études romanes de Brno, Dossier thématique : « Comment raconter tout ce qui n’a pas encore été dit ? », Les représentations de l’Histoire du XXe siècle dans les littératures d’expression française et espagnole d’après 1968, n° 33, vol. 1, 2012, p. 39-55.
Gastvortrag am 21.12.2016
Der Holocaust im Comic – das Ende der Tabus?
Vortrag von Dr. Marc Hieronimus,
Projektmanager MedienWelten und Sprecher des Wissenschaftsforums des "Interkultureller Dialog e.V.", Köln
Veranstalter: Graduiertenkolleg "Vergegenwärtigungen"
Mittwoch, den 21.12.2016, 18 - 20 Uhr,
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
Seit Supermans und Captain Americas Auftreten hat es unzählige Darstellungen der Nazizeit und ihrer Akteure gegeben. Calvos „La bête est morte“ von 1944/45 gilt als erste Erwähnung des Holocaust im Genre. Seither hat es beinah alles gegeben: Nazi-Werwölfe, Nazi-Neandertaler, Nazi-Vampire, Nazi-Dominas, Nazi-Ninjas, verrückte Nazi-Wissenschaftler in reißerischen, nicht immer ganz ernsten Geschichten; von der Kritik hochgelobte Funny Animals (Spiegelmans Maus); „Uchronien“, also veränderte Geschichtsabläufe; didaktische, humoristische, pornografische Comics mit Nazi-Hintergrund uvm. Dennoch sind Nazizeit und Holocaust kein Thema wie jedes andere. Die Polemik um den derben KZ-Witze-Comic „Hitler = SS“ (Gourio/Vuillemin 1990) hat die Grenze markiert, die von Comic-Autoren bei Strafe des Publikationsverbots nicht überschritten werden darf: Der Holocaust ist nicht zum Lachen. Meist blenden die einschlägigen Comics das Thema aus oder streifen es nur am Rande. Ziel der Vorlesung ist es, nach einem historischen Überblick und einem Querschnitt durch die jüngere Produktion einige wenig bekannte Abenteuer-, Lehr- und sogar Humor-Comics von unterschiedlicher Qualität vorzustellen, die sich nicht an die „Holocaust-Etikette“ halten und die Vernichtung der europäischen Juden explizit darstellen.
Dr. Marc Hieronimus
Dr. phil. Marc Hieronimus ist promovierter Historiker und Manager des MedienWelten-Projekts. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Sprache und Sprachdidaktik, Comicwissenschaft, Geschichte des Zwanzigsten Jahrhunderts, Struktur und Wirkungsweisen von Medien, Wandel zur Postwachstumsgesellschaft. Er ist zudem Sprecher des Wissenschaftsforums des „Interkultureller Dialog e.V.”.
Gastvortrag am 18.01.2017
Der Holocaust und Soziale Medien. Vom „Liken“, „Sharen“ und „Teilen“ in Online-Verhandlungen der Shoah
Vortrag von Mag. Dr. Eva Pfanzelter
Veranstalter: Graduiertenkolleg "Vergegenwärtigungen"
Mittwoch, den 18.01.2017, 18 - 20 Uhr
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
Der derzeit vorherrschende national und international versöhnliche Tenor institutioneller Erinnerungspraktiken ist nicht unumstritten und wird zunehmend divergierenden Narrativen untergraben. Ein Unbehagen an der institutionalisierten Erinnerungskultur ist daher auch als Phänomen transkulturellen Erinnerns zu sehen, in dem die unter dem Begriff „Globalisierung“ subsumierten Entwicklungen, diskutiert werden. Das Internet und im Besonderen die sozialen Netzwerke prägen den Diskurs entscheidend mit: Die Präsentation, Repräsentation und der Diskurs über die Geschichte des und die Erinnerung an den Holocaust im Internet ist ein Musterbeispiel für den transkulturellen Mediationsprozess zwischen Geschichte und Erinnerung, zwischen Gedächtnis, Technik und Kultur. Diese Phänomene sollen am Beispiel multimedialer Angebote in deutsch- und englischsprachige soziale Medien vorgestellt werden. Sie adressieren die transkulturellen Reibungsflächen und weisen darauf hin, dass das Internet nicht nur als Beschleunigungsmedium Einfluss auf den Diskurs hat, sondern darüber hinaus als zentrales Instrument der „Public History“ künftig die Erinnerung an den Holocaust vermitteln, „teilen“ und weiterführen wird. Ausgangspunkt der Untersuchung sind die Reaktionen auf die verstörenden, photographischen Inszenierungen vor europäischen Mahnmalen ebenso wie etwa performative Erinnerungspraktiken in Tumblr. Allerdings – wenn es nicht gerade um Holocaust-Leugnung, Rassismus und Antisemitismus geht – wird auch an diesen Inszenierungen sichtbar, dass hier ungeschriebene Gesetze der Ästhetik und Autorenschaft gültig sind, die seit jeher den Erinnerungsdiskurs geprägt haben.
Mag. Dr. Eva Pfanzelter
(© Mag. Dr. Eva Pfanzelter)
Eva Pfanzelter (* 1969 in Bozen) ist eine Südtiroler Zeithistorikerin. Sie forscht und lehrt seit 1999 als Vertragsassistentin, seit 2010 als Assistenzprofessorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck.
Die aus Kastelruth stammende Pfanzelter studierte an der Universität Innsbruck Geschichte sowie die Fächerkombination Englisch und EDV für Geisteswissenschaften. 1995 schloss sie ihr Studium mit einer in englischer Sprache verfassten Diplomarbeit über Südtirol und das Selbstbestimmungsrecht ab. Bereits 1994 hatte sie den Master of Arts an der amerikanischen Eastern Illinois University in Charleston erworben. 2005 erlangte sie in Innsbruck mit einer Dissertation über die amerikanische Besatzungszeit in Südtirol 1945 ihre Promotion. Seit September 2010 ist sie Assistenzprofessorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und seit Juli 2016 assoziierte Professorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck.
Zu Pfanzelters Forschungsschwerpunkten zählen europäische und regionale Zeitgeschichte nach 1945, die Regionalgeschichte Südtirol/Tirols (insbesondere die Option in Südtirol), Erinnerungskulturen und Geschichtspolitik, Holocaust Studies und Digital Humanities.
Gastvortrag am 26.10.2016
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The Stages of Memory: Reflections on Memorial Art, Loss, and the Spaces Between
Vortrag von Prof. Dr. James E. Young,
Department of English, University of Massachusetts Amherst, USA
Mittwoch, den 26.10.2016, 18 - 20 Uhr,
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
In this vividly illustrated slide-lecture, James Young will trace what he calls “the memorial’s vernacular arc” between Maya Lin’s Vietnam Veterans Memorial in Washington, D.C., Berlin’s Denkmal for the Murdered Jews of Europe, and the National 9/11 Memorial at Ground Zero in New York City. At the same time, Young will reflect on his own role as juror in the memorial competitions in Berlin and New York and how these memorial processes attempt to formalize terrible loss without altogether repairing it.
(© Prof. Dr. James E. Young)
Prof. Dr. James E. Young
(© Prof. Dr. James E. Young)
James E. Young is Distinguished University Professor of English and Judaic Studies at the University of Massachusetts, Amherst, where he has taught since 1988, and Director of the Institute for Holocaust, Genocide, and Memory Studies at UMass Amherst. He has also taught at New York University as a Dorot Professor of English and Hebrew/Judaic Studies (1984-88), at Bryn Mawr College in the History of Religion, and at the University of Washington, Harvard University, and Princeton University as a visiting professor. He received his Ph.D. from the University of California in 1983.
Professor Young is the author of Writing and Rewriting the Holocaust (1988), The Texture of Memory (Yale University Press, 1993), which won the National Jewish Book Award in 1994, At Memory's Edge: After-images of the Holocaust in Contemporary Art and Architecture (Yale University Press, 2000), and The Stages of Memory: Reflections on Memorial Art, Loss, and the Spaces Between (University of Massachusetts Press, 2016). He was also the Guest Curator of an exhibition at the Jewish Museum in New York City, entitled "The Art of Memory: Holocaust Memorials in History" (March - August 1994, with venues in Berlin and Munich, September 1994 - June 1995) and was the editor of The Art of Memory (Prestel Verlag, 1994), the exhibition catalogue for this show.
In 1997, Professor Young was appointed by the Berlin Senate to the five-member Findungskommission for Germany's national "Memorial to Europe's Murdered Jews," which selected Peter Eisenman’s design, finished and dedicated in May 2005. He has also consulted with Argentina’s government on its memorial to the desaparacidos, as well as with numerous city agencies on their memorials and museums. Most recently, he was appointed by the Lower Manhattan Development Corporation to the jury for the “National 9/11 Memorial” design competition, won by Michael Arad and Peter Walker in 2004 and opened on September 11th, 2011.
Professor Young has written widely on public art, memorials, and national memory. His articles, reviews, and Op-Ed essays have appeared in The New York Times Magazine, Book Review, and Op-Ed pages, The Los Angeles Times, The Chicago Tribune, The Forward, and Frankfurter Allgemeine Zeitung, among other newspapers, as well as in scholarly journals such as Critical Inquiry, Representations, New Literary History, PMLA, Partisan Review, The Yale Journal of Criticism, Annales, SAQ, History and Theory, Harvard Design Magazine, Jewish Social Studies, Contemporary Literature, History and Memory, The Chronicle of Higher Education, Holocaust and Genocide Studies, Prooftexts, The Jewish Quarterly, Tikkun, and Slate, among dozens of other journals and collected volumes. His books and articles have been published in German, French, Hebrew, Japanese, and Swedish editions.
Professor Young is the recipient of numerous awards and fellowships, including a Guggenheim Fellowship, ACLS Fellowship, NEH Exhibition planning, implementation, and research grants, Memorial Foundation for Jewish Culture Grants, an American Philosophical Society Grant, and a Yad Hanadiv Fellowship at the Hebrew University in Jerusalem, among others.
In 2000, he was appointed as Editor-in-Chief of The Posen Library of Jewish Culture and Civilization, a ten-volume anthology of primary sources, documents, texts, and images, forthcoming with Yale University Press (2012-2016). At present, he is completing an insider’s story of the World Trade Center Memorial, entitled Memory at Ground Zero: A Juror’s Report on the World Trade Center Site Memorial.
Lecture2Go-Aufzeichnung
Gastvortrag am 9.11.2016
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Aktualisierte Vergangenheiten: Poröse Geschichte und dokudramatische Formen im Fernsehen
Vortrag von Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann,
Department of Communication and Journalism, The Hebrew University of Jerusalem, Israel
Mittwoch, den 9.11.2016, 18 - 20 Uhr
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
Aufgrund seines präsentischen Charakters müssen im Fernsehen Vergangenheiten immer wieder vergegenwärtigt werden. Historische Ereignisse werden durch solche Wieder-Holung zu Erinnerungsereignissen in der Gegenwart. Im Prozess der Vergegenwärtigung werden Vergangenheiten im Fernsehen auch aktualisiert. Sie sollen die Zuschauer ‚bewegen‘ und dazu müssen sie ‚betreffen‘. Auf der einen Seite verdichtet und konkretisiert Geschichtsfernsehen die Vergangenheit. Es partizipiert an der Herstellung und Kommunikation von teilbaren und mitteilbaren Geschichtsbildern. Dies betrifft seine harmonisierende Seite. Auf der anderen Seite produziert Geschichtsfernsehen Resonanzeffekte. Die Vergangenheit hallt in der Gegenwart wieder. Dadurch können auch Erinnerungskonflikte ausgelöst werden.
Solche resonanten televisuellen Vergangenheitsräume stehen im Zentrum des Vortrages. Sein primärer Gegenstand ist das Dokudrama, in dem sich Vergangenheiten schon allein darum sichtbar vergegenwärtigen, weil sich - zumindest in seiner klassischen Form - verschiedene fragmentarische Teile (historisches Bildmaterial, Re-enactment und Zeugenaussage) in der Montage miteinander verbinden und dabei oft responsive Beziehungen eingehen. Im aktuellen Geschichtsfernsehen verlagert sich die dokudramatische Form zunehmend in das Programm selbst und ist gerahmt von ‚extra-textuellen Events‘. Auf diese Weise erweitert sich der Resonanzraum aktualisierter Vergangenheiten. Der Vortrag analysiert diese Verfahren und beschreibt das Dokudrama als poröse Form der Vergangenheitsaktualisierung, die durch bestimmte Rahmungen responsive Resonanzeffekte produziert.
Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann
(© Dr. Tobias Ebbrecht-Hartmann)
Tobias Ebbrecht-Hartmann is a Lecturer of Cinema Studies in the Department of Communication and Journalism and of German Social History and Culture in the DAAD Center for German Studies. His fields of research, teaching and publication are film history and film theory; memory culture and cinematic remembrance of the Holocaust; West and East German cinema; German-Israeli film relations; filmheritage, archival films and echo cinema.
He holds his PhD from the Free University in Berlin where he also graduated in Film Studies, New German Literature and Political Science. From 2004 to 2010 he was research and teaching assistant in the field of media history at the University for Film and Television “Konrad Wolf” in Potsdam-Babelsberg. After defending his doctoral thesis on cinematic narration of the Holocaust in 2010 he was senior researcher and postdoctoral fellow in the Graduate Research Program “Media of History – History of Media” at the Bauhaus University of Weimar. In 2012 he was awarded a fellowship of the International Institute for Holocaust Research Yad Vashem in Jerusalem. From 2013 to 2014 he was head of a research project on East German Student Films based at the University for Film and Television “Konrad Wolf” and funded by the German Research Foundation.
Ebbrecht-Hartmann is author of three German monographs on German-Israeli film history, cinematic narration of the Holocaust and the filmmaker Romuald Karmakar; co-editor of three German anthologies on emotions and film perception, East German documentary cinema and contemporary German cinema; and contributed numerously to journals, collections and online-publications in German, English, French and Hebrew.
Gastvortrag am 16.11.2016
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Rekonstruktive Praktiken und Reenactments in den gegenwärtigen künstlerischen Rekursen auf die Shoah
Vortrag von Prof. Dr. Magdalena Marszałek,
Slavische Literatur- und Kulturwissenschaft, Institut für Slavistik, Universität Potsdam
Mittwoch, den 16.11.2016, 18 - 20 Uhr,
Hörsaal E, Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg
Künstlerische Experimente sowie populäre Nachstellungen, die in performativen Wiederholungsgesten auf die Shoah (und auf andere Formen extremer Gewalt im 20. Jahrhundert) rekurrieren, operieren im Kern der heutigen memorialen Kultur, die immer mehr auf emotionale Beteiligung und sinnliches ‚Nacherleben‘, d.h. auf die Erinnerung als Affizierung ausgerichtet ist – und somit auch immer weniger auf die intellektuelle Zeugenschaft. Im Vortrag werden unterschiedliche Strategien und Effekte performativer Rekurse auf die Shoah – in erster Linie an Beispielen aus der polnischen Kunst – diskutiert.
Prof. Dr. Magdalena Marszałek
Magdalena Marszałek ist Professorin für Slavische Literatur- und Kulturwissenschaft (Schwerpunkt Polonistik) an der Universität Potsdam. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören u.a. literatur- und medienwissenschaftliche memory studies: Zeugenschaft und Literatur, postmemoriale Ästhetiken in der Literatur, bildenden Kunst und im Theater, intermediale Poetiken und Gedächtnis. Zurzeit leitet sie an der Universität Potsdam ein binationales Forschungsprojekt Performances of Memory: Testimonial, Reconstructive and Counterfactual Strategies in Literature and Performative Arts of the 20th and 21st Centuries, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und vom Nationalen Wissenschaftszentrum (NCN, Polen). Ausgewählte Publikationen: Nach dem Vergessen. Rekurse auf den Holocaust in Ostmitteleuropa nach 1989. Berlin 2010 (hrsg. mit Alina Molisak); Seien wir realistisch. Neue Realismen und Dokumentarismen in Philosophie und Kunst. Berlin, Zürich 2016 (hrsg. mit Dieter Mersch); “Performative Wiederholung zwischen Skandal, Kitsch und Experiment. Zum ludischen und künstlerischen Reenactment in Polen”, in: E. Kilchmann (Hg.): artefrakte. Holocaust und Zweiter Weltkrieg in experimentellen Darstellungsformen in Literatur und Kunst. Köln (u.a.) 2016, 127-144.